1970

Aufbruch zur neuen Abrichtungsanlage im Ostragehege
Veranstaltungen:
  • Durchführung von Abrichtung und Mitgliederversammlungen
  • Teilnahme an Ausstellungen
  • Verbindung zum Boxerclub Prag
21.10.70 Umzug zum Ostragehege
 
1970 musste die GO das Übungsgelände am Jägerpark aufgeben. Es wurde für andere Baumaßnahmen gebraucht. Als Ersatz wurde ein Gartengrundstück - unser heutiger Übungsplatz an der Pieschener Allee gefunden und übernommen. Der Preis betrug neben der Pacht 1456 MDN. Die Sportfreunde finanzierten den Ankauf durch Darlehen von jeweils 50,- MDN, die in der Folge z. T. zurückgezahlt, zum Teil aber auch gespendet wurden. Das Protokoll der Schätzung vermittelt einen Eindruck vom damaligen Zustand des Platzes.
 
Der Zugang war überhaupt nur von der Pieschener Allee möglich. Erst 1973 wurde ein Zugang vom Schlachthofring als schmale Treppe gebaut. Die erste Baude stand etwa dort, wo heute der letzte Lichtmast auf der Elbseite ist. Sie bestand aus 4 Säulen, von denen eine der Stamm eines abgesägten Apfelbaumes war, verbunden mit Brettern. Die „Baude“ maß etwa 2 * 3 m. Lustig war es immer anzusehen, wie viele Menschen und Hunde in sie hineinpassten, wenn während der Abrichtung plötzlich ein Regen einsetzte.
 
In das Jahr 1970 fällt auch der Abschluss eines Freundschaftsvertrages mit der Sparte Bullterrier des VKSK Dresden, geleitet von Bärbel und Horst v. Kralik. Er erwies sich auch beim weiteren Ausbau des Platzes als sehr nützlich. Ebenfalls in diesem Jahr wurde das erste Baumaterial für den Bau einer festen Baude beschafft. Es waren Abbruchsteine von einem Schuppen in der Dresdener Neustadt. Auch ein zweiflügeliges Tor war dabei. Es verschließt heute noch die Werkstatt.
 
In der ersten Hälfte der 70er Jahre verlagerten sich die Aktivitäten. Die Hunde, die noch Ende der 60er Jahre die Leistungsarbeit bestimmten, waren entweder überaltert oder nicht mehr da. Einige Sportfreunde schieden aus. Andere hatten noch sehr junge Hunde. Im Ergebnis war die Leistungsarbeit zum Erliegen gekommen. Auf Ausstellungen waren wir aber präsent. Der neue Platz bereitete uns seine Probleme. Eine winterliche Bleibe war nicht vorhanden. Im Sommer ging sehr viel Zeit für das Kurzhalten des Grases verloren. Wir mähten mit 2 Sensen und das den ganzen Sommer über. In diesen Jahren trat im Sommer übrigens immer eine Ferienflaute ein. Von Ende Juni bis Anfang September tat sich kaum etwas auf dem Platz. In der Abrichtung machten wir vor allem Unterordnung in Gruppenarbeit, gelegentlich auch Schutzdienst. Einen speziellen Scheintäter gab es nicht. Die Männer mussten reihum den Hetzärmel nehmen.
 

Erste Hälfte der 70 er Jahre

Die Versammlungen wurden in der Regel im Club der Volkssolidarität in der Hechtstraße abgehalten. 1971 brachte innerhalb der Leitung heftige Auseinandersetzungen, namentlich zum Problem Zucht in Zusammenhang mit der Ost-West-Abgrenzung. Sie führten schließlich im September 1971 zum Weggang der Vorsitzenden Edith Schönherr. Sie war zu dieser Zeit eine außerordentlich fähige Hundesportlerin, besessen von dem Ehrgeiz, den besten Deckrüden unter den Boxern zu besitzen. Das gelang ihr im Nachhinein auch. Ihr Rüde Bonanzo Bohemia ist sehr oft in den Richterberichten dieser Zeit als Vatertier zu finden.
 
An ihre Stelle trat Gottfried Klotz, von Beruf Justitiar und von Berufs wegen, aber auch wegen einer Sturzverletzung beim Schutzdienst ein sehr vorsichtiger Mensch. Ich erinnere mich noch an seine Worte: „Eine Dogge in die GO aufnehmen? Wer soll die denn an den Ärmel nehmen!“ Er selbst besaß einen sehr alten Boxer und schaffte sich 1974 einen jungen - den Freddie - an. Das war ein schwer ablassender Typ, und es wurde berichtet, dass Gottfried öfter zur Arbeit zu spät kam, weil sich Freddie in seiner Aktentasche festbiss und sie lange nicht herausgab. Seine Frau, Inge, führte die Finanzen. Als Abrichter fungierte Hans Rüdiger - ein in der Abrichtung sehr prinzipieller Mensch - der aber beruflich zunehmend in Anspruch genommen wurde und seine Aktivität einschränken musste.
 
Gottfried Klotz geriet 1975 wegen seiner prinzipiellen Haltung, besonders in Fragen der Vereinsdisziplin, zunehmend in die Isolierung. Er verstand es nicht, dass die Mitglieder auf dem Platz auch die Erholung suchten. Er verließ schließlich im März 1976 die GO. Sein Stellvertreter Achim Schulze übernahm den Vorsitz.
Zu dieser Zeit war die Baude in der ersten Aufbaustufe bereits fertig gestellt. Ihr Bau begann im Frühjahr 1974. Die Baude bestand aus einem Raum, dem Hauptteil des jetzigen Versammlungsraumes - Größe 3,5 * 7 m. Vor den Fenstern war aus Sandsteinquadern eine Brüstung aufgeführt, hinter der man sitzen oder stehen konnte. Gebaut wurde - wie alles weitere zu DDR-Zeiten - ohne Baugenehmigung. Das Material kam aus Schenkungen. Tatsächlich sind lt. Kassenbuch die ersten Baustoffe 1976 gekauft worden (Mörtel für Außenputz). Zum Herbst konnten wir einziehen, wenn auch noch alles primitiv war; die Decke war mit Bettlaken bespannt, das Gestühl stammte aus allen möglichen Nachlässen. Damit war aber nun die ganzjährige Nutzung der Anlage möglich.
 
Ab 1974 setzte ein verstärkter Zustrom von neuen Mitgliedern ein. Die GO erreichte eine Stärke von 25 Mitgliedern. In dieser Zeit kamen auch Hans Hähnel, Martina Anders und Angelika Borde, heute A. Wolff, zu uns.
 
Mittlerweile war es mit der Dominanz der Boxer in der GO vorbei. Es waren fast alle Dienst- und Gebrauchshunderassen sowie weitere große Hunde, z. B. Berner Sennenhund vertreten. Die Ausbildungstage waren interessant und unterhaltsam. Die Ausbildung wurde von Hans Hähnel übernommen. Er widmete sich der Aufgabe mit großer Energie und baute etliche Hunde bis zur Prüfungsreife auf. Den Schäferhund der Sportfreundin Strobel brachte er bis fast an die Qualifikation zur DDR-Jugendmeisterschaft. Es fehlten nur wenige Punkte. Seine Arbeit wurde durch das Fehlen eines regulären Figuranten und auch fehlende Motivation einiger Mitglieder zur Leistungsarbeit erschwert. Diese Mitglieder suchten vorwiegend die Erholung mit dem Hund und auch Vorteile bei der Futterbeschaffung und der Steuer, da den organisierten Hundesportlern damals eine teilweise Befreiung von der Hundesteuer gewährt wurde. Sie machte dann nur noch das Doppelte des Jahresmitgliedsbeitrages im Verein aus.

Zweite Hälfte der 70er Jahre

Aus der zweiten Hälfte der 70er Jahre sind vor allem erfolgreiche Baumaßnahmen in Erinnerung. So wurde 1977 die Küche angebaut, zunächst mit einem Fenster als Durchreiche und dem zweiflügligen Tor nach außen. Irgendwann später wurde das zugemauert und der Durchgang vom Hauptraum geöffnet.
 
Das Baumaterial für die Küche hat eine besondere Geschichte. Bei einer NVA-Übung wurde in Großdittmannsdorf durch einen Panzer versehentlich ein Hühnerstall eingefahren. Die Truppe reparierte den Schaden aus eigener Kraft. Das Abbruchmaterial wurde zum Platz gebracht und wanderte ins Fundament. Beim Stallneubau übrig gebliebene Steine wurden zu den Wänden verbaut.
 
Mit der Fertigstellung der Küche kam das Kaffeetrinken auf dem Platz in Mode. Hierzu beschafften wir im Dezember 1976 eine Camping-Propangasanlage einschließlich einer Leuchte. Das Wasser wurde von zuhause mitgebracht. Gelegentlich gab es auch Bockwurst mit Brötchen zum Preis von 1,- MDN. Die Küche wurde hierbei abwechselnd von Hilde Förster und Ursula Jahnsch betreut.
 
Zum Kücheninventar ist folgendes zu berichten: Unser Sportfreund Willi Walther, ein alter Herr - im Krieg übrigens Flieger in der Staffel von Heinz Rühmann - engagierte sich sehr stark für die Unterhaltung des Platzes und beschäftigte sich auch mit der Auflösung von Haushalten. Manches Stück Geschirr, das heute noch existiert, kam von ihm.
 
Eine Episode charakterisiert, wie es damals in unserer Ecke im Ostragehege mit der Umwelt bestellt war. Den Ausdruck „Umweltschutz“ gab es noch nicht. Hilde Foerster packte an einem Sonnabend die Reinigungswut. Sie räumte alles Geschirr auf den Platz und wusch ab. Zu der Zeit war der Schornstein im Turmhaus des Schlachthofes noch in Betrieb, aber eben ohne Aschefilter. Sowie Hilde das Geschirr abstellte, wurde es durch rieselnde Asche wieder schwarz. Die Flugasche war überall zu finden. Der Zustand besserte sich erst, als in den 80er Jahren ein neues Heizhaus gebaut wurde.
 
1976 lösten wir auch das Problem der Unterbringung der Hunde in den Pausen während der Abrichtung. Von der Kelterei Lockwitzgrund kauften wir 6 ausgediente große Holzfässer. Sie wurden zu Hütten umfunktioniert und boten - bunt wie sie angestrichen waren - einen lustigen Anblick. Sie wurden damals zum Selbstkostenpreis von je 40,- MDN an interessierte Sportfreunde weitergegeben. Ihr jährlicher Wertverlust wurde mit 5,- MDN angesetzt.
In diese Zeit fällt auch der Bau eines privaten Zwingers für einen Hund. Der Zwinger stand in der Ecke, in der heute die Hütten von Ralf Wägner und Heiko Schnell sind. Er wurde auch vertraglich vereinbart und solide gebaut. Aber die Versorgung eines Hundes, so weit ab von der Wohnung des Halters, ist nicht unproblematisch. Es gab Unregelmäßigkeiten und Kritiken von außen. 1979 kauften wir den Zwinger zurück und verwendeten ihn zur Hundeaufbewahrung während der Ausbildung. In der Folge haben wir uns nie wieder auf Dauerunterbringung von Hunden eingelassen und sind gut damit gefahren.
 
1979 wurde uns von der Armee ein ausgesonderter Kofferaufbau zur Verfügung gestellt. Er fand seinen Platz zwischen Baude und Elbtor. Ursprünglich als Materiallager gedacht, entwickelte er sich alsbald zum Lieblingsaufenthaltsraum für die kalte Jahreszeit, da er schnell beheizbar war. Er stand bis zum Jahre 1991. Da der Kofferaufbau als Lagermöglichkeit ausfiel, stellten wir alsbald eine ausgediente PKW-Garage in Spanplattenbauweise an der Stelle auf, an der heute die Werkstatt ist. Das merkte die Bezirksleitung des SDG und kam mit der Bitte, einen Teil des Schuppenraumes zur Lagerung von Ausstellungsinventar nutzen zu können. Die Bezirksleitung veranstaltete alljährlich am Fucikplatz (heute Straßburger Platz) eine Hundeausstellung und musste die Einrichtung bereitstellen (Ringe, Tafeln, Ablagen für Material u. ä.). Wir sagten zu und hatten kurz danach einen großen Nutzen: Die BL übernahm 50 % der Kosten für den Elektroanschluss. 250,- MDN waren damals viel Geld für eine Grundorganisation wie unsere. In einigen Fällen nahmen auch Hunde von uns an diesen Ausstellungen teil. Häufiger beteiligten wir uns an den rassespezifischen Sonderschauen. Die bedeutsamsten, vielleicht aus der subjektiven Sicht der Autoren - von Boxerleuten - waren die Boxerschauen. Sie wurden stets von Loisl Fijuk geleitet, einer recht eigensinnigen Dame von um die 60, die auf Menschen nicht allzu viel, für Boxer aber ihr Herzblut gab. Kaum ein Boxerwurf fiel, ohne dass Loisl als Hebamme zugegen war. Sie war Bezirkszuchtwart und führte zu der Zeit, als es zur Bildung der GO Dresden-Neustadt kam, den Vorsitz in der GO Deutsche Boxer.
In das Jahr 1979 datiert eine Reihe von Einsätzen, die wir zum Wohle der Stadt leisteten. Es wurde gerade zu Ehren des 25. Jahrestages der DDR die Dresdener innere Neustadt um den Goldenen Reiter herum aufgebaut. Dort war ein Riesenaufgebot von Baufirmen und - keine Ordnung. Einer klaute das Material vom anderen. Häuslebauer taten ein Übriges. Es musste Sicherheit geschaffen werden. Also mussten Wachhunde heran - nein - Streifen mit Hunden. Und so liefen wir mit unseren Hunden nachts Streife nach Zeitplan - mehrere Monate lang. Im Nachhinein erfuhren wir, dass seit unserem Einsatz dort Ruhe war. Wenn die Wachbücher noch existieren sollten, findet man bestimmt u. a. die Namen Anders, Borde (heute Wolff), Foerster, Schulze.